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WAS WILL DER PSYCHO DENN NOCH HIER?!

Zitat aus einer Mediation. Nein, das ist keine Übertreibung, dieser Satz ist genauso gefallen. Das ist zuerst einmal erschreckend, oder? Und ich muss gestehen, dass ich im ersten Augenblick sehr damit beschäftigt war, meine Gesichtszüge im Gleis zu behalten. Beim erneuten Betrachten zeigt es aber vor allem, unter welchem Druck und in welcher Not sich der Sprecher befand. Es handelt sich hier nicht um einen überdurchschnittlich bösen oder kaltblütigen Menschen. Diese Erklärung wäre zu einfach. Dieser Mediant stand für eine zu lange Zeit unter enormen Druck, den er nirgends abladen, teilen oder zumindest reduzieren konnte. Eine Menge Aspekte sind hierfür zusammengekommen. Eine unglückliche Verkettung von Umständen gemischt mit einer ordentlichen Portion klassischer Konflikt-Gewürz-Mischung  aus „Zuviel an falschverstandener Rücksichtnahme“, „Nicht-zur-Last bzw. Nicht-Auffallen-Wollen“ und „Befürchtung von unangenehmen Reaktionen“. Und so hat es also „Boom“ gemacht.

Das erstaunliche daran: Nachdem sich alle Beteiligten nach der Explosion wieder berappelt hatten und sich sinnbildlich den Staub von der Kleidung geklopft hatten, wurden Dinge, die kaum besprechbar schienen, besprechbar. Wir konnten die Gefühle hinter der zündstoffartigen Äußerung und deren Auslöser gemeinsam reflektieren. Daraufhin purzelten die Dominosteine. Der Damm war gebrochen. Einmal einen Anfang gemacht, fiel es den Beteiligten fast leicht, über weitere erlebte Kränkungen und Verletzungen in den Austausch zu gehen, um auf dieser Basis eine andere Art des Umgangs entwickeln.

Ich bin immer wieder erstaunt, wieviel vermeintlich „zu harte Wahrheiten der Situation“ dann doch gut ausgehalten werden können; dass harte Worte dieser Art nicht zwangsläufig zum Zustand des „am Boden zerstört seins“ führen müssen.

Woran das liegt? Vielfach daran, dass die Konfliktpartner: innen diese oder noch schlimmere Wertungen erwartet haben. Sie sind dann fast erleichtert, wenn’s raus ist und sie dadurch Klarheit haben; auch wenn diese schmerzt.

Denn wenn man weiß, aus welchen Scherben der Haufen besteht, ist besser absehbar, was es braucht, um den Schutt abzutragen und ob darunter noch etwas liegt, auf das man aufbauen kann.