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Gehen Arbeitskonflikte eigentlich auch in die Weihnachtspause?!

Von selbst bestimmt nicht. Und der Wunsch, dass unsere:n Konfliktpartner:in das Weihnachtswunder der Einsicht ereilt und noch schnell ein besserer Mensch wird, ist wohl eher reines Wunschdenken als realistisch. Dennoch wünschen sich viele meiner Mediant:innen und Kund:innen zumindest eine kurze Pause von all den Belastungen, die ein ausgewachsener, schwer zu lösender Konflikt am Arbeitsplatz so mit sich bringt. Einen Stopp der eigenen Gedanken Spirale, ein kurzfristiges Vergessen Wut, Frustration, Kränkung oder Ohnmacht. Ein Innehalten der Gedankenspiralle die fast unweigerlich zum Knoten im Magen, zur Enge im Brustkorb und zum schneller schlagenden Puls führt.

Die heimliche Vorstellung dabei ist, den Konflikt noch eben schnell vor den Festtagen zu lösen. Der soll noch schnell weg. Der soll die Harmonie und das fröhliche Zusammensein mit den Lieben zu Hause nicht auch noch trüben! Das ist vielleicht auch mit ein Grund, dass sich bei mir die Anfragen zur Konfliktklärung ab Mitte November noch einmal so richtig häufen. Diesen Wunsch kann ich in den meisten Fällen leider nicht erfüllen, obwohl ich die Bedürfnisse dahinter zutiefst verstehe. In den meisten Fällen geht ein solcher Versuch aber mit fiesen möglichen Nebenwirkungen einher. Zeitdruck bietet nicht die besten Voraussetzungen für tragfähige Lösungen. Eher im Gegenteil. Es besteht die Gefahr, dass wir gerade vor den Feiertagen nur bis zur Sichtweisenklärung im Konfliktprozess kommen. Das ist die Phase, in der die Konfliktbeteiligten beginnen, ihre Sichtweise auszubreiten. In den meisten Fällen gehört dazu, dass sie den anderen Beteiligten erzählen, was sie von deren Verhalten so halten und was dieses ausgelöst und verursacht hat. Ein Spiegel der des Selbstbild nicht gerade im schönsten Licht erstrahlen lässt. In dieser Phase werden Kränkungen thematisiert und Menschen werden damit konfrontiert, dass ihr Verhalten zu etwas geführt hat, was sie eventuell gar nicht wollten. Vieles scheint noch verworren. Manchmal fühlt es sich sogar so an, als ob es nun alles noch schlimmer wäre. Wenn wir in dieser Phase stoppen, dann mal “fröhliche Weihnachten”.

Den Wunsch nach einer Konfliktpause kann ich in vielen Fällen dennoch erfüllen. Durch ein transparentes, iterativesVorgehen. Gemeinsam mit den Beteiligten bespreche ich, welche Ziele mit dem Mediationsprozess verbunden sind, welche Phasen zu so einem Prozess gehören und welche ersten Schritte wir gehen könnten, ohne dass wir mittendrin stoppen müssten. Wir betrachten also gemeinsam den Konflikt aus relativ hoher Flugebene, aus der sogenanntenMetaperspektive, bevor wir so richtig ans Eingemachte gehen.

Für einige reicht dieses “an den Start stellen” schon, um für einige Tage gedanklich loslassen zu können. Zum einen, da sie einen Griff an die Situation bekommen. Die gefühlte Hilflosigkeit nimmt ab. Zum anderen, da sie eine erste kleine Einigung mit den schwierigenAnderen erreicht haben. Die Überzeugung, dass das mit dem sowieso nicht geht, hat damit einen ersten kleinen Dämpfer bekommen.

Für andere muss es noch ein Schritt weiter sein. Auch diesen Schritt versehe ich so kurz vor Weihnachten mit einen “gesicherten Modus”. Wieder überlegen wir gemeinsam, welcher Schritt mit welchem Zwischenziel gegangen werden kann und was noch ausgeklammert werden sollte. Eine weitere Einigung auf der Metaebene, die in vielen Fällen maßgeblich dazu beiträgt, dass das gewählte Thema selbst, konstruktiv über die Bühne geht. Der Konflikt ist nicht mehr unter dem Teppich. Er ist in verschiedene Pakete aufgeteilt. 1-2 kleine sind schon geöffnet. Die anderen warten geduldig am Arbeitsplatz – nicht unterm Weihnachtsbaum.